Thermische Störungen bei der berührungslosen Temperaturmessung beseitigen

Autor: Joris Roels, Marketing Manager Temperature Sensors, Melexis

Mit zunehmendem Bewusstsein für unsere Gesundheit und unsere Umwelt wird die Temperaturmessung immer wichtiger. Daher findet sich diese Funktion in immer mehr Geräten, u.a. für die Gesundheitsüberwachung - in Form von Thermometern zur Messung der Körpertemperatur und in intelligenten Wearables.

Thermopile temperature sensing technology in wearables - Melexis

Die berührungslose Temperaturmessung beruht auf der Erfassung der im infraroten Wellenlängenbereich abgegebenen Energie. Jedes Objekt gibt auf diese Weise Energie ab, die zur Berechnung seiner Temperatur gemessen werden kann. Da die dahinter liegenden Sensoren jedoch immer kleiner werden, werden sie auch anfälliger für die Auswirkungen abrupter Temperaturwechsel (Thermal Shock), die Messfehler und thermisches Rauschen verursachen können.

In diesem Beitrag behandelt Melexis einige Prinzipien der berührungslosen Temperaturmessung sowie Ansätze, um die Auswirkungen von Thermal Shocks zu minimieren. Der Beitrag befasst sich dann mit einem neuen und intelligenten Ansatz, um die Auswirkungen externer thermischer Störungen bei Mikro-Miniatur-Sensoren zu beseitigen.

Integrierte MEMS-Thermosäule

Die Temperaturmessung mittels Thermosäule kommt zunehmend in medizinischen (einschließlich häuslicher Gesundheitspflege) und industriellen Anwendungen zum Einsatz, da sie robust, genau und zuverlässig ist. Eine Thermosäule ist einfach ein elektronischer Wandler, der Wärmeenergie in ein elektrisches Signal umwandelt und nach dem Prinzip arbeitet, dass alle Objekte Wärmestrahlung im Fern-Infrarotbereich (FIR) abgeben.

 

Basic construction of a MEMS thermopile-based sensor - Melexis 
Bild 1: Grundlegender Aufbau eines MEMS-Thermosäulen-Sensors


Elektrisch gesehen besteht eine Thermosäule aus mehreren in Reihe geschalteten Thermoelementen. Zusammen erzeugen sie eine Spannung, die proportional zur Temperaturdifferenz zwischen zwei Punkten ist. Dieser Unterschied führt zu einer relativen Temperaturmessung.

 

Ein MEMS-Thermosäulensensor basiert auf einer dünnen, thermisch isolierten Membran. Da diese eine geringe thermische Masse aufweist, wird sie durch den einströmenden Wärmestrom schnell erwärmt, wodurch ein Temperaturunterschied entsteht, den die Thermosäule als Temperaturunterschied meldet. Durch den Einbau eines Referenzthermistors in das MEMS-System kann dann eine absolute Temperaturmessung erfolgen.

Die Grundlage dieser Messtechnik bildet das Stefan-Boltzmann-Gesetz, das besagt, dass die pro Flächeneinheit eines schwarzen Körpers abgestrahlte Energie proportional zur vierten Potenz seiner Temperatur ist. Dies wird ausgedrückt als:

Equation of Stefan-Boltzmann law - Melexis

Worin:
J = Strahlungsleistung [W/m²]
η = Emissionsgrad (Oberflächeneigenschaft)
σ = 5,67e-8 [W/(m²K⁴)]
T = absolute Oberflächentemperatur [K]

Unter der vernünftigen Annahme, dass der Emissionsgrad (η) für nichtmetallische Materialien etwa 1 beträgt, kann die Oberflächentemperatur an die abgegebene Leistung gebunden werden.

Stabilität als Herausforderung

Die Temperaturmessung wird in verschiedenen Anwendungen immer nützlicher. Daher wird diese Funktion vielen Geräten hinzugefügt, einschließlich Gesundheitsmessgeräten und Wearables, wie z.B. intelligenten Brillen, Armbändern und Geräten, die im Ohr getragen werden (Hearables). Lösungen mit einem Kontaktthermometer leiden jedoch häufig unter einem schlechten thermischen Kontakt mit der zu messenden Stelle. Die berührungslose Temperaturerfassung nach dem FIR-Prinzip ist ideal für diese neuen Anwendungen, für die immer kleinere Temperatursensoren erforderlich sind.

Exploded view of MLX90632 - MelexisDamit FIR-Temperatursensoren in Wearables integriert werden können, muss die Technik miniaturisiert werden. Die Miniaturisierung hat viele Vorteile, bringt jedoch auch eigene Herausforderungen mit sich. Bei dieser Art von Sensor kann sich die Miniaturisierung negativ auf die Genauigkeit der Temperaturmessung auswirken.

Wie erwähnt, werden FIR-Temperatursensoren durch Temperaturgradienten (oder Thermal Shocks) beeinflusst, die dadurch verursacht werden, dass der Sensorchip Strahlung von mehreren Quellen empfängt, während nur eine begrenzte Menge dieser Strahlung tatsächlich vom zu messenden Objekt stammt. Andere Wärmeenergiequellen sind das eigene Gehäuse des Sensors, d.h. ein Teil des erzeugten Signals ist nützlich und ein anderer Teil ist parasitär. Unter isothermen Bedingungen, bei denen die Membrantemperatur der Gehäusetemperatur entspricht, gibt es kein parasitäres Signal, und die unterschiedliche Natur der Thermosäule hebt die Auswirkungen der Gehäusestrahlung auf. In vielen Anwendungen ist es jedoch unmöglich, den Sensor unter isothermen Bedingungen zu halten.

Wird der kleine FIR-Sensor auf einer Leiterplatte montiert, kann er Wärmeenergie von nahegelegenen wärmeerzeugenden Bauelementen wie einem Mikroprozessor oder Leistungstransistor ausgesetzt sein. Hersteller von FIR-Sensoren haben versucht, dieses Problem zu lösen, indem sie den Sensor in einem großen Metallgehäuse (TO-Can) platzierten. Die signifikante thermische Masse und die hohe Wärmeleitfähigkeit des Metalls wirken sich zwar in gewissem Maße auf die Folgen der schnellen Temperaturgradienten/Thermal Shocks aus, erweisen sich aber in einer thermodynamischen Umgebung als unzureichend. Die andere Herausforderung besteht darin, dass TO-Can-Gehäuse relativ groß sind und sich nicht für kleine Geräte wie Wearables und Hearables eignen.

Aktive Kompensation von Temperaturgradienten

Es ist offensichtlich, dass sich die TO-Can-Lösung nicht für zukünftige Gesundheitsüberwachungsgeräte eignet und muss allein aus diesem Grund zugunsten einer Lösung verworfen werden, die die Herausforderungen beim Einsatz kleiner FIR-Sensoren besser bewältigen kann.

Miniature digital infrared thermometer IC in surface mount technology - MelexisDurch die Modellierung und Charakterisierung mehrerer Ansätze und die Verwendung dieser Daten durch fortschrittliche Kompensationsalgorithmen ist es möglich, den Ausgang moderner kleiner FIR-Sensoren so zu ändern, dass sie effektiv unempfindlich gegen Thermal Shocks werden.

Einer der neuesten Bausteine am Markt ist der kleine FIR-Sensor MLX90632 von Melexis. Der berührungslose Infrarot-Temperatursensor im kleinen SMD-QFN-Gehäuse wird werksseitig für Umgebungstemperaturen zwischen -20°C und 85°C kalibriert.

Er ist in kommerzieller als auch medizinischer Ausführung erhältlich. Die medizinische Version ist für den Einsatz bei Körpertemperaturen mit einer Genauigkeit von ±0,2°C optimiert. Die handelsübliche Version hat eine geringere Genauigkeit (±1°C), ist jedoch für den Einsatz in einem viel größeren Objekttemperaturbereich (-20°C bis 200°C) vorgesehen.

Der gemessene Temperaturwert ist der Mittelwert von allem, was sich innerhalb des 50°-Sichtfelds (FOV; Field of View) des Sensors befindet. Mit diesem Messwert lassen sich zusammen mit den Kalibrierungskonstanten und den fortschrittlichen integrierten Kompensationsalgorithmen die Umgebungs- und Objekttemperaturen berechnen.

Um zu demonstrieren, wie effektiv die aktive Kompensation ist, führte Melexis ein Experiment durch, bei dem der MLX90632 und ein moderner Sensor im TO-Can-Gehäuse zur Messung einer stabilen Referenzquelle mit einer Temperatur von etwa 40°C zum Einsatz kamen. Während der Messungen wurde eine starke Wärmequelle in unmittelbarer Nähe der Sensoren platziert. Die Ergebnisse sind in Bild 2 dargestellt.

Results of thermal shock testing on the MLX90632 - Melexis

Bild 2: Ergebnisse der Thermal-Shock-Prüfung mit dem MLX90632

 

Die Grafik zeigt, dass die Referenz zu Beginn des Experiments tatsächlich eine Temperatur von 40,05°C und die Sensortemperatur etwa 2°C aufwies. Bei der Wärmeeinwirkung wurden die Sensoren dann einem Thermal Shock (ca. 60°C/min) ausgesetzt und der Ausgang überwacht. Während des gesamten Tests wich die Temperaturmessung des MLX90632 nicht mehr als 0,25°C ab und zeigte dank des fortschrittlichen Kompensationsalgorithmus eine sehr stabile Leistungsfähigkeit. Der Sensor im TO-Can-Gehäuse zeigt einen signifikanten Fehler, was beweist, dass diese Bausteine unter solch schwierigen Bedingungen nicht gut funktionieren.

 Block diagram of the MLX90632 infrared temperature sensor - Melexis

Bild 3: Blockdiagramm des Infrarot-Temperatursensors MLX90632

 

Sensorinterne Blöcke

Der ultra-kleine Sensor enthält eine Thermosäule, die die vom Objekt abgegebene Energie erfasst, sowie ein Element zur Messung der Temperatur des Sensors selbst. Das Spannungssignal des Thermosäulen-Sensorelements wird verstärkt, digitalisiert und digital gefiltert, bevor es im internen RAM gespeichert wird. Der Messwert des eingebauten Referenz-Temperatursensors wird auf die gleiche Weise verarbeitet und gespeichert.

Eine State Machine steuert das Timing und die Funktion des Sensors, und das Ergebnis jeder Messung und Umwandlung steht dem weiteren System (z.B. Mikrocontroller) über die I2C-Kommunikationsschnittstelle zur Verfügung.

Die Temperaturen (Objekt und interner Sensor) lassen sich mit einem einfachen Mikrocontroller aus den Rohdaten berechnen.

Fazit

Die Temperaturmessung wird immer beliebter, vor allem bei tragbaren Geräten wie Smartphones und Wearables, die die Körpertemperatur im Rahmen der häuslichen Gesundheitspflege messen. Bis vor kurzem hatte die Temperaturmessung jedoch mit zwei widersprüchlichen Zielen zu kämpfen.

Erstens muss das Sensorelement klein genug sein, um in die Anwendung zu passen, und zweitens muss es in ein großes Metallgehäuse eingebaut werden, um eine ausreichende Wärmekapazität zu gewährleisten und die Auswirkungen abrupter Thermal Shocks zu mildern.

Basierend auf der Thermosäulen-Sensortechnik stellt sich der MLX90632 von Melexis dieser Herausforderung. Durch seine integrierte aktive Kompensation und seine fortschrittlichen Algorithmen liefert der MLX90632 eine genaue Temperaturmessung in anspruchsvollsten Situationen, während er in einem äußerst kleinen SMD-Gehäuse untergebracht ist.

 

Video: Melexis presents its new MLX90632 medical grade sensor for contactless temperature measurement (2m23s):

 

Video: Melexis announces the MLX90632 digital infrared temperature sensor in a surface mounted technology (2m49s):

 

Video: Melexis showcasing award winning MLX90632 temperature sensor at Sensors Expo 2019 (2m10s):

 


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